Suspiria (1977) dir. Dario Argento

Suspiria (1977) dir. Dario Argento

Dario Argento ist für seine mystische und makabre Schaffensart berühmt. Mit Suspiria erschuf er ein Filmwerk welches seinen Namen international weitertrug. 

Als Inspiration galt der von Thomas Mc Quincey verfasste Roman „Die Bekenntnisse eines Opiumessers“ wie auch seine Essay-Sammlung „Suspiria de Profundis“. Letzteres lieferte nicht nur den Titel sondern auch die Grundidee für das Drehbuch, das Argento mit seiner damaligen Lebensgefährtin schrieb. 

Suspiria (1977) 

Suzy Banyon beschließt, ihr Ballettstudium an der berühmtesten Schule Europas, die renommierte Akademie von Freiburg, zu verfolgen. Im stürmischen Regen kommt sie dort eines Abends an. Die Ballettschule befindet sich in einem scharlachroten, mit gotischen Verzierungen geschmückten, Gebäude.[i]Eine verstörte Schülerin verlässt bei ihrer Ankunft das Gebäude. Nachdem niemand Suzy die Tür geöffnet, fährt sie mit dem Taxi zu einer Unterkunft. Während ihrer Fahrt sieht sie das Mädchen, von eben, ängstlich durch den Wald rennen. In der selben Nacht wird die Schülerin von einem Phantom niedergestochen und erhängt. 

Am folgenden Tag beginnt Suzy nichtsahnend ihre Ausbildung. 

Bei einem Gespräch mit Madame Blanc erfährt sie, dass die Direktorin der Schule auf Reisen ist. Außerdem wird von dem Ereignis des vorherigen Abends berichtet. 

Absurde Ereignisse beginnen sich zu entfalten.

Von der Decke fallen weiße Maden, welche vom Dachboden zu kommen scheinen. Die Zimmer der Schüler und Schülerinnen müssen geräumt werden. Eine Schlafstätte wird in einem der Tanzsäle eingerichtet. In dieser Nacht ist ein merkwürdiges Stöhnen zu hören. Sara, eine Mitschülerin von Suzy, ist davon überzeugt, dass es von der Direktorin kommen muss. 

Nachdem Sara verschwindet stellt Suzy eigene Nachforschungen an. Sie erfährt das der Gründerin der Tanzschule, Helena Marcos, nachgesagt wurde das sie eine Hexe sei. 

Sie verfolgt die Schritte der Lehrerinnen und kommt in einen geheimen Abschnitt des Hauses. Dort erscheint ihr Helena Marcos. Mit einer dicken Nadel sticht Suzy der Hexe Mater Suspiriorumin den Hals. Das Haus beginnt zu zerfallen und in Flammen auszugehen. 

Die Akademie galt lediglich als Tarnung des Hexenkonvents.  

Nach dem Erfolg des Films erweiterte Dario die Handlung um zwei weitere Filme: 

Inferno (1980) 

handelt von Mater Tenebrarum [lat. Mutter der Dunkelheit] und spielt in New York. 

In diesem Teil taucht ein Buch des Architekten auf, der die alten Gebäude der drei Hexen baute, mit Titel Die drei Mütter. In diesem Buch steht geschrieben, dass 

die drei Schwestern die Weltherrschaft anstreben und wie sie zu erkennen sind.

Sie residieren in alten Gebäuden und dirigieren Morde um das eigene Weiterleben zu garantieren. 

La terza madre (2007) 

Der Inhalt dieses Filmes umfasst die zweitjüngste der drei Mütter, Mater Lachrymarum [lat. Mutter der Tränen], welche in Rom lebt. 

Bei Ausgrabungen, nahe einer katholischen Kirche, wird ein uraltes Behältnis gefunden. Der Inhalt der Box scheinen Reliquien einer Sekte zu sein. Nach weiteren Untersuchungen kommt man zu dem Entschluss, dass es sich um Gegenstände der Mater Lachrymarum handelt. Gewaltvolle Ereignisse beginnen die Straßen Roms zu zeichnen. 

Thomas de Quincey 

Thomas de Quincey (1785-1859) wurde in Manchester, England, als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns geboren. Er war ein frühreifer Schüler, aber als er sich gegen die Tyrannei seines Schulmeisters auflehnte, lief er weg. Nach der Versöhnung mit seiner Familie wurde er nach Oxford geschickt und begann in dieser Zeit Opium zu nehmen. Sein berühmtestes Werk „The Confessions of a English Opium Eater“ (1821) basiert auf seinen eigenen Erfahrungen und hat sich seit langem als Klassiker etabliert. 

Die Bekenntnisse eines Opiumessers 

„Und auf die folgende Weise wurde ich mit dem Opium bekannt: Von früher Jugend an war ich gewohnt gewesen, mir den Kopf mindestens einmal täglich in kaltem Wasser zu waschen. Auf einmal überkamen mich Zahnschmerzen. Ich schrieb sie meiner Vernachlässigung dieser Praxis zu, die in einer Unterbrechung umständehalber derselben begründet gewesen war; sprang aus dem Bett, tauchte den Kopf in eine Schale kalten Wassers, und mit hievon noch nassem Haar legte ich mich schlafen. Am nächsten Morgen, ich brauche es kaum mehr hinzuzufügen, erwachte ich mit unerträglichen rheumatischen Schmerzen im Kopf und im Gesicht, die die folgenden zwanzig Tage über kaum nachließen. Am einundzwanzigsten Tage, glaube ich, war es und an einem Sonntag, da ging ich hinaus auf die Straße, mehr um vor meinen Qualen davonzulaufen, als zu irgend einem bestimmten Zweck. Zufällig traf ich einen Bekannten vom College, und der empfahl mir Opium – Opium! Fürchterlicher Wirkstoff unvorstellbarer Lust, unausdenklicher Leiden!“ [1]

Die Bekenntnisse eines Opiumessers, begleiten den Leser durch Quinceys Opiumerfahrungen, Erzählungen seines Lebens wie auch nächtliche Träume.

Levana and our Ladys of Sighs

Oft in Oxford sah Quincey Levana in seinen Träumen. Ich erkannte sie an ihren römischen Symbolen. Levana [lat. levare; aufheben] war in der römischen Mythologie die Schutzgöttin der Neugeborenen. 

Der Name ist dabei wortwörtlich zu nehmen, denn im alten Rom wurde dem Vater ein Neugeborenes vor seine Füße gelegt wenn man nicht versichert sein konnte, dass das Kind von ihm ist. Wurde das Kind hochgehoben, erkannte der Mann die Vaterschaft formell an. Daher wurde die Göttin Levana von den Müttern angefleht, damit ihre Männer das Ritual des levare durchführen.[2]

Einige verstehen sie auch als die Göttin der Bildung. 

Doch die Bildung der Göttin umfasst nicht die universale Rechtschreibung oder Grammatik. Ihre Lehren beinhalten die zentralen Kräfte, die in den Tiefen des menschlichen Busens verborgen liegen. Der Streit. Die Leidenschaft. 

„Wenn dies dann die Dienste sind, mit denen Levana arbeitet, wie tief muss sie die Agenturen der Trauer verehren!“

Drei Damen sind die Leiden. So wie sie immer zu dritt sind. 

Drei Grazien, die das Leben des Menschen mit Schönheit kleiden. Parzen, die Göttinnen des Schicksals, welche die Teppiche des menschlichen Lebens in ihrem mysteriösen Webstuhl weben, sind ebenfalls drei.Auch von den Rachegöttinnen, den Furien, gibt es drei. Die Harfe, die Posaune oder die Laute, drei Instrumente welche den Musen zugehörig sind. 

Die drei Frauen der Trauer [engl. Ladies of Sorrow] beherrschen die individuellen Leiden des menschlichen Herzens. Es handelt sich um drei Schwestern, welche Thomas de Quincey des Öfteren mit Levana sprechen sah. Doch es war kein gewöhnliches Sprechen, denn solche Geschöpfe verachten das Gebrechen der Sprache. Mit Symboliken wie Zeichen im Himmel, durch Veränderungen auf Erden, durch Impulse in geheimen Flüssen, in die Dunkelheit gemalte Heraldiken und geschriebene Hieroglyphen auf den Tableaudes Gehirns, kommunizieren die Frauen der Trauer. Quincey las deren Signale und schrieb sie nieder.

Die älteste der drei heißt Mater Lachrymarum – die Mutter der Tränen. 

Tag und Nacht fliegt sie umher und ruft nach verschwundenen Gesichtern.

Sie trägt ein Diadem auf den Kopf und Schlüssel an ihrem Gürtel, die jedes Häuschen und jeden Palast öffnen. Durch die Kraft ihrer Schlüssel führt die Mutter der Tränen einen geisterhaften Eindringling in die Kammern schlafloser Männer, Frauen sowie Kinder. 

Da sie die Erstgeborene ihres Hauses ist und das größte Reich besitzt, wird sie mit dem Titel „Madonna“ beehrt. 

Sie stand in Rama als Rachel um ihre Kinder weinte und sie war es die in der Nacht in Bethlehem stand, als Herodes Schwert die Kinderzimmer der Unschuldigen fegte, und die kleinen Füße für immer versteift waren.

Die zweite Schwester heißt Mater Suspiriorum– die Mutter der Seufzer. 

Sie trägt kein Diadem, auf ihrem Kopf sitzt ein heruntergekommener und staubiger Turban.  Auch sie trägt einen Schlüssel, doch benutzt diesen kaum, denn ihr Reich ist hauptsächlich unter den Zelten von Shem und der obdachlose Landstreicher jedes Klimas. 

Diese Schwester ist die Besucherin des Pariah[ii], des Büßers, des Knechtes wie auch des englischen Verbrechers auf Norfolk Island, der aus den Erinnerungsbüchern im süßen fernen England ausgelöscht wurde. 

Jeder Gefangene in jedem Verlies,  Ausgestoßene nach traditionellem Recht und Kinder erblicher Schande wandeln alle mit der Frau der Seufzer. Alles, was verraten und alles, was abgelehnt wird ist …

Die dritte Schwester, die auch die jüngste ist, hat ein kleines Königreich. Ihr Kopf, der wie der von Kybele[iii]mit einem Turm versehen ist, erhebt sich fast außerhalb der Sichtweite. Sie trägt keinen Schlüssel, denn sie stürmt alle Türen, bei denen sie eintreten darf. Und sie heißt Mater Tenebrarum– die Mutter der Dunkelheit.

Sie wird als die Gebärerein der Wahnsinnigen verstanden und gilt Anstifterin zum Selbstmord. Tief liegen die Wurzeln ihrer Kraft, aber klein die Nation, die sie regiert. Denn sie kann sich nur Personen nähern deren Natur aufgewühlt ist, denen das Herz zittert und das Gehirn unter Verschwörungen schaukelt. 

Dies waren die Semnai Theai[iv]oder Erhabenen Göttinnen, die Eumeniden oder vornehmen Frauen aus Thomas de Quinceys Oxford-Träumen. [3]


[1]Quincey, Thomas de: Bekenntnisse eines Opiumessers; übersetzt von Anton Olander,

  1997, transient mismatch press, PDF  S. 87-88

(https://epdf.pub/bekenntnisse-eines-englischen-opiumessers-samuel-taylor-coleridge.html)

[2]Sancti Aurelii Augustini Episcopi De Civitate Dei Libri XXII., Augustin ((saint 😉

in aedibus B. G. Teubneri, 1877  S. 161

[3]Quincey, Thomas de: Suspiria de Profundis; in: Blackwood’s Edinburgh Magazine Vol. LVII., January – June; London, 1845,  S. 743- 747; übersetzt von Esther Buchas 


[i]Die Tanz Akademie wurde dem „Haus zum Walfisch“ in Freiburg nachempfunden.

[ii]Der oder die Ausgestoßene bzw. AußenseiterIn 

[iii]Der Kult der Kybele, auch bekannt als Magna Mater, wurde 204 v. Chr. offiziell in Rom eingeführt. Sie gilt als Fruchtbarkeitsgöttin, Erzeugerin des Lebens wie auch Göttin des weiblichen Geschlechts. Man verehrt sie ebenso als Berg- und Erdmutter sowie Beschützerin der Städte. 

Quelle: Rasch, Hanna: Der Kult der Magna Mater. Studienarbeit; GRIN Verlag 2006

[iv]Semnai Theai [griech. höhere, heilige Göttinnen] ist der Name der Erinnyen (s.d.) in Athen.

Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 828.

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